Von einer Mutter aus Deutschland:
Meine Tochter war fast 16 Jahre alt, als ich merkte, dass etwas nicht stimmte. Sie war nie ein dünnes Mädchen gewesen, aber auch nie übergewichtig, so gerade richtig würde ich sagen. Sie aß etwas einseitig, gerne Mehlspeisen und Süßes und wenig Obst und Gemüse, aber sie war ein sehr gesundes Kind und nur sehr selten krank.
Im Frühling 2016 begann sie plötzlich, sich „gesünder“ zu ernähren. Weniger Süßigkeiten, mehr Obst und Gemüse, verlangte plötzlich nach Salat und neuen Gemüsesorten. Ich fand das zunächst völlig o.k. und war sogar ein wenig froh über diesen plötzlichen Sinneswandel.
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Der Prozess war schleichend und ich kann nicht einmal genau sagen, wann ich begann, mir Sorgen zu machen. Sie schränkte immer mehr Nahrungsmittel ein. Keine Süßigkeiten, kein Kuchen, kein Pudding, kein Saft, keine Pizza, keine Lasagne. Da wir durch ihren Stundenplan nur selten zusammen zu Mittag aßen, machte sie sich meist selbst etwas. Tütensuppen, Fertiggerichte, am liebsten Produkte, auf denen die Kalorienangaben drauf standen.
Die ersten Kilos habe ich tatsächlich kaum bemerkt. Inzwischen hatte sie noch mehr abgenommen. Die Stimmung war immer im Keller, sie kapselte sich mehr und mehr ab. Ständige Diskussionen über das Essen bzw. Nicht-essen. So ging das nicht mehr weiter. Ich stellte ein Ultimatum – wenn sich nichts ändert, gehen wir zum Arzt. Es änderte sich natürlich nichts.
Also machte ich einen Termin beim Kinderarzt weil sie jetzt kaum noch etwas isst. Meine Tochter saß nur stumm daneben.
Was dann kam, kann ich bis heute nicht nachvollziehen: keine Untersuchung, keine Gewichtsüberprüfung. Ein paar kurze Sätze über das deutsche Schulsystem, Pubertät, das wird schon wieder. Wenn sie Hunger bekommt, wird sie schon essen. Ich war völlig vor den Kopf geschlagen und meine Tochter hatte natürlich Oberwasser. „Lass mich mal machen, das wird schon wieder, ich habe das im Griff.“
Kinderarzt: „Wenn sie Hunger bekommt, wird sie schon essen.“ Ich war völlig vor den Kopf geschlagen
Weitere 3 Monate später saßen wir erneut beim Kinderarzt. Diesmal als Notfall.
Meine Tochter völlig am Ende, blass, teilnahmslos, hat Suizidgedanken. Inzwischen hat sie viel mehr abgenommen. Sie fragt von sich aus nach dem Krankenhaus, will Hilfe.
Die Klinik: Normalstation
Zwei kurze Telefonate, dann bekamen wir eine Einweisung in eine Klinik 30 km entfernt. Eine extra Station für Essstörungen gäbe es da. 3 Tage warten, dann dürfen wir kommen.
Drei Tage Hölle, weil sie jetzt kaum etwas isst. Zwei Tage vor der Einweisung stellt sie auch das Trinken ein. Nicht einmal mehr Wasser darf in diesen Körper, es macht „den Bauch dick“. Welchen Bauch? Ich habe nur noch Angst.

Nach ungefähr 9 Monaten Mangelernährung erhalten wir in der Klinik dann endlich eine Diagnose. RAN, restriktive Anorexia Nervosa.
Sie bekommt sofort einen Tropf wegen der Dehydrierung, es wird alles durchgecheckt. Zum Glück hat das Herz noch keinen Schaden genommen, der körperliche Zustand ist erschreckend gut. Sie wird immer wieder zu Untersuchungen abgeholt, einen Arzt sehen wir nicht. Niemand spricht mit uns. Mittags das erste Essen in der Klinik. Sie bekommt einen Teller hingestellt, ich setze mich zu ihr. Nach gutem Zureden nimmt sie die Gabel und isst fasst den ganzen Teller leer. Beim Abendessen und Frühstück am nächsten Tag dasselbe. Ich bin erstaunt, denke mir aber noch nichts dabei.
Nach gutem Zureden nimmt sie die Gabel und isst fasst den ganzen Teller leer.
Die nächsten beiden Tage lag sie nur in ihrem Klinikbett. Kein Arzt, kein Therapeut kam vorbei. Das beginne alles in der nächsten Woche, sagen die Schwestern. Ich frage mich, worauf die warten.
Von Normalstation auf PSO (Psychosomatik) Klinik
Dann am folgenden Montag der Umzug von Normalstation auf PSO (Psychosomatik). Sie wird einer Gruppe zugeteilt, in der noch 5 andere ungefähr gleich alte Mädchen mit Anorexie sind. 4 davon haben eine Nasensonde. Die 5. wird nächste Woche entlassen. Es gibt jetzt einen Essensplan und feste Regeln.
Gewogen wird 3x pro Woche, es wird ein Zielgewicht genannt. Meine instinktive Nachfrage, ob es nicht besser wäre, wenn sie ihr Gewicht nicht wüsste, wird einfach abgetan. Wir wissen schon, was wir tun. Wir machen das ja nicht zum ersten Mal. Nachfragen unerwünscht.
Eltern dürfen ab jetzt nur noch 2x pro Woche kommen
Eltern dürfen ab jetzt nur noch 2x pro Woche kommen. Und nur zwischen 16 und 18 Uhr. Andere Besucher öfter.
Warum? Man hat den Eindruck, man soll bestraft werden. Erklärungen gibt es keine. Die Tochter brauche „Distanz“. Von uns? Was haben wir den falsch gemacht? Keine Antwort.

Das Handy muss auch abgegeben werden, Anrufe sind nur für ein paar Stunden am Nachmittag möglich.
Meine Tochter weint fast ununterbrochen. Möchte wieder nach Hause. Will uns sehen. Ich habe keine Ahnung, wie das über einen längeren Zeitraum funktionieren soll. Wie kann es hilfreich sein, einem suizidalen Kind den derzeit einzigen Halt zu nehmen? Wir hatten immer ein gutes Verhältnis.
Wie kann es hilfreich sein, einem suizidalen Kind den derzeit einzigen Halt zu nehmen? Wir hatten immer ein gutes Verhältnis.
Nach einer weiteren Woche hat sie sich etwas eingewöhnt, beginnt aber zu rechnen. Das „Team“ hat eine gewünschte Gewichtszunahme von 500 g pro Woche angesetzt. Das Ziel scheint in unerreichbarer Ferne. Es wird so mindestens 5 Monate dauern, das Gewicht wieder herzustellen. Nach 2 weiteren Woche ist klar, sie hat nicht zugenommen. Sie ist völlig verzweifelt, hat Angst, nie wieder nach Hause oder in die Schule gehen zu können.
Ich versuche vorzusprechen, den Essensplan in Frage zu stellen. Sie erbricht nicht und treibt keinen Sport, also kann es meiner Meinung nach nur ein Fehler in der Kalorienanzahl sein. Es kommt heraus, dass das Team versucht, mit Salzbrezeln und Reiswaffeln und einer Kalorienmenge von ca. 1500 am Tag eine Gewichtszunahme zu erreichen. Da ist selbst mir als Laie klar, dass das so nicht funktionieren kann.
Es kommt heraus, dass das Team versucht, mit Salzbrezeln und Reiswaffeln eine Gewichtszunahme zu erreichen.
Am Nachmittag (Handy-Zeit) ruft mich meine Tochter völlig aufgelöst an. Das Team hätte ihr gesagt, ich hätte eine Erhöhung der Kalorienmenge gefordert und sie müsse nun wegen mir nur fette Sachen essen. Wie bitte? Warum wird das mit der Patientin diskutiert? Wissen die nicht, dass sie damit nur Stress und Angst bei ihr auslösen?
Ende der Woche Termin bei den Psychologen. Man wisse nicht, woher das käme, nein, wir hätten wohl nichts falsch gemacht. Es könne bis zu 7 Jahre dauern, bis das besser wird. Wenn nicht, müssten wir uns nach einer betreuten Wohneinrichtung umsehen. Meine Welt brach zusammen.
Doktor: „Es könne bis zu 7 Jahre dauern, bis das besser wird“
Mein Mann fragte noch, wie hoch die Rückfallquote nach der „Behandlung“ hier in der Klinik sei. O-Ton des Therapeuten: „Das wollen Sie gar nicht wissen…“
Nach 2 Monaten waren wir alle völlig am Ende. Meine Tochter hatte 3 kg zugenommen, aber begonnen, sich selbst zu verletzten. Die anderen Patientinnen waren noch schlimmer dran als sie, konnten teilweise gar nicht essen oder hatten sich noch schrägere Dinge angewöhnt. Sie aß nun seit 2 Monaten nur noch mit anderen Anorexiepatienten. Jeden Tag das gleiche Essen, nur mittags gab es etwas Abwechslung.
Ablenkung gab es keine, während der Besuchszeit durfte man nicht einmal spazieren gehen, es gab keinen Aufenthaltsraum, nichts. Ach doch, abends durften die Mädchen Germanys next Topmodel schauen. Ich saß nur noch da und schüttelte den Kopf. Das konnte so nicht richtig sein.
Ach doch, abends durften die Mädchen Germanys next Topmodel schauen.
Ich war den ganzen Nachmittag nur noch damit beschäftigt, mein weinendes Kind am Telefon zu trösten. Die Fortschritte waren minimal und beschränkten sich auf ein bisschen Gewichtszunahme. Sie war völlig verstört, wir kannten sie bei jedem Besuch kaum wieder.
Die Therapiegespräche führen zu nichts, sagt sie. Sie fühlt sich nicht „im goldenen Käfig“, hat nicht den Eindruck, wir wollten sie „kontrollieren“. Sie fühlt sich nur noch schuldig. Die Schwestern sagen zu ihr, sie nimmt den „richtig kranken Kindern“ das Bett weg. Was???
Die Schwestern sagen zu ihr, sie nimmt den „richtig kranken Kindern“ das Bett weg
Ich fange an zu lesen
Ich begann, mir sämtliche Literatur über Anorexie aus dem Internet zu bestellen. Natürlich landet man zunächst bei den deutschsprachigen Texten. Ich habe fast alles gelesen, uns aber nicht darin wiedergefunden. Wir waren keine Problemfamilie. Wir haben unsere Tochter weder vernachlässigt,noch über behütet oder missbraucht. Sie wollte nie ein Model werden. Sie hat nicht einmal mit Barbies gespielt. Ich war verzweifelt. Nichts in diesen Büchern half mir weiter.
Wir waren keine Problemfamilie. Wir haben unsere Tochter weder vernachlässigt,noch über behütet oder missbraucht. Sie wollte nie ein Model werden.
Dann plötzlich halte ich durch reinen Zufall ein völlig anderes Buch in den Händen.
Harriet Brown: Gramm für Gramm zurück ins Leben. Unsere Tochter besiegt die Magersucht.
Ich beginne zu lesen, kann nicht mehr aufhören. Ich rufe meinen Mann an, dann meine Tochter. Es gibt Hilfe. Es gibt eine Lösung. Das Zauberwort heißt FBT. Familien basierte Therapie. Die Eltern sind nicht länger das Problem, sondern Teil der Lösung.
FBT hat 3 Phasen. In Phase 1 übernehmen die Eltern die Kontrolle über das Essen zu 100%. Bis das Gewicht wieder hergestellt ist. Dann beginnt Phase 2: Langsam wird nach und nach die Kontrolle an den Patienten zurück gegeben. Phase 3 hilft allen Familienmitgliedern, wieder ins „normale“ Leben zurückzufinden. Das klingt alles plausibel.
Die Eltern sind nicht länger das Problem, sondern Teil der Lösung
Fieberhaft geben ich FBT in meinen Computer ein. Plötzlich erwacht er zu Leben, aber alles, was ich finde, ist in englischer Sprache. Ich bin geschockt, als mich mein 20 Jahre altes Schulenglisch lesen lässt, dass FBT in den angelsächsischen Ländern der Goldstandard bei der Behandlung von AN ist.
Nun gebe ich statt „Magersucht“ „anorexia“ ein. Ein völlig anderes Bild zeigt sich mir. Ich lese erstmals etwas von Genetik, Stoffwechselerkrankung, Problemen mit dem Blutzucker und dem Lipidhaushalt. Warum sagt mir das hier keiner?
I read everything I could get my hands on about FBT. I found Eva Musby's wonderful book.
Ich begann darüber nachzudenken, was ich in den letzten Monaten erlebt hatte.
Hatten wir unsere Tochter liebevoll dazu aufgefordert, ein hingestelltes Essen zu essen? Nein, das hatten wir nie versucht. Wir hatten es ihr zu lange überlassen, falsche Entscheidungen zu treffen. Erst in der Klinik hatten wir das gemacht. Am ersten Tag. Und es hatte sofort funktioniert.
Kann unsere Tochter gesund werden, wenn sie nur noch mit anderen Kranken zusammen ist/isst? Wenn Kalorien, Gewicht, Fett und Workout ständiges und einziges Thema sind? Warum dürfen wir nicht mit unserer Tochter essen? Wie soll das funktionieren, wenn sie wieder nach Hause kommt?
Warum dürfen wir nicht mit unserer Tochter essen? Wie soll das funktionieren, wenn sie wieder nach Hause kommt?
Beim nächsten Termin bin ich vorbereitet. Aber meine Fragen sind nicht erwünscht. Die Kinder könnten erst entlassen werden, wenn sie zu 100% selbst für ihr Essen verantwortlich sind. Man soll sich als Eltern nicht einmischen, nicht die „Essenspolizei“ spielen. Das Aufpäppeln zu Hause machen, so etwas hätten sie ja noch nie gehört. „Das können Sie nicht.“ Warum eigentlich nicht?
Der Super-Gau passierte in der folgenden Woche. Es soll mit der Gruppe gekocht werden, die Mädchen sollen Vorschläge machen. Meine Tochter wünscht sich Pizza. PIZZA!!! Aber es wird abgewiesen, die Gruppe macht schließlich vegetarische Wraps. Ein typisches Anorexie-Essen, denke ich. Meine Tochter ist traurig, ruft mich an. Hat einen Riesenappetit auf Pizza. Ich vertröste sie auf den nächsten Besuchstag, verspreche, ihr Pizza vom Lokal gegenüber mitzubringen.

Wer je ein Anorexie krankes Kind hatte weiß, was es bedeutet, wenn das Kind Pizza essen will. Viele Eltern machen sehr viel später den „Pizza-Test“, wie ich inzwischen erfahren habe, um den Fortschritt ihrer Kinder zu messen.
Kann sich jemand vorstellen, was passierte? Ich wurde von der Station verwiesen mit samt meiner Pizza. Wie ich auf die Idee käme, hier Essen mit zu bringen, und noch da zu so etwas „Ungesundes“ wie eine fettige Pizza? Ich dachte nur noch, Du bist im falschen Film. Das kann so nicht einen Tag weiter gehen. Es kann nicht sinnvoll sein, ein unterernährtes Kind daran zu hindern, freiwillig Pizza zu essen.
Es kann nicht sinnvoll sein, ein unterernährtes Kind daran zu hindern, freiwillig Pizza zu essen
Ich habe mir die Finger blutig telefoniert, niemand wollte uns helfen. Das Krankenhaus wollte sie nicht ohne Anschlusstherapeuten entlassen, wissend, dass wir nicht vor 5-6 Monaten Wartezeit einen finden könnten. Die Therapeuten wollten uns nicht helfen, unser Kind zu Hause „selbst zu therapieren“. Wie vermessen zu glauben, man könnte ein Kind zu Hause füttern. Als ob wir das nicht 15 Jahre vorher auch schon einmal erfolgreich gemacht hätten…
Die Umstellung von der Klinik auf zu Hause
Dann kam uns wieder ein Zufall zu Hilfe. Auf der Maudsley Parents Seite fand ich eine Liste der zertifizierten FBT Therapeuten. Amerika, Australien, Europa… 2 Namen. Eine in Dänemark und eine in Deutschland. Meine Augen suchten fieberhaft den Ort. Er ist nur 50 km von uns entfernt. Ich schrieb eine Email. Schilderte unsere Lage. Und bekam Antwort. An einem Sonntag.
Sie hat Zeit, wir sollen nächste Woche kommen.
Wir holten unsere Tochter ab und fuhren hin. Ein völlig anderes Gespräch. Keine Ursachen- oder Schuldsuche. Der Blick ist nach vorn gerichtet. Sie schaffen das. Kennen Sie das Around-The-Dinner-Table-Forum? Nie gehört. Warum ist Ihre Tochter noch im Krankenhaus? Das fragen wir uns auch. Gibt es eine medizinische Notwendigkeit? Nein? Das wird unser Joker.
Ein völlig anderes Gespräch. Keine Ursachen- oder Schuldsuche. Der Blick ist nach vorn gerichtet.
Die Klinik will sie natürlich nicht entlassen. Macht uns ein schlechtes Gewissen. Versucht uns zu verunsichern. Null Unterstützung. Wir spielen den Joker aus. Nein, es gibt wohl keine medizinische Notwendigkeit, Herz und alles andere ist o.k.
Wir holen unsere Tochter übers Wochenende nach Hause und kündigen die Entlassung für nächste Woche an.
Das Team macht uns inzwischen bei den anderen Mädchen und ihren Eltern schlecht, schließt Wetten ab, wann unsere Tochter wieder zurück kommt. Um es vorweg zu nehmen: sie hat die Klinik nie wieder betreten.
Zu Hause
Die Umstellung von der Klinik auf zu Hause war nicht ganz leicht. Nach monatelangem Essen nach Plan und totaler Fremdbestimmung wollte unsere Tochter mehr Abwechslung, mehr Selbstbestimmung. Mit der FBT Therapeutin verabredeten wird, direkt mit dem Übergang von Phase 1 nach Phase 2 zu beginnen. Ein bisschen zu früh, wie ich heute weiß. Die restlichen fehlenden Kilos wären einfacher gewesen mit Phase 1.
Wir machten einen Plan. 5 Mahlzeiten zu den selben Zeiten wie in der Klinik. Mittagessen wird „geplated“, dass heißt fertig aufgetischt. Die anderen Mahlzeiten werden festgelegt, aber sie darf sich selbst nehmen und Geschmacksrichtungen (z.B. beim Joghurt) frei auswählen. Rückkehr in die Schule sobald möglich. Ab 90 % Gewicht darf wieder langsam Sport gemacht werden. Bei 100 % bezahlen wir den Führerschein mit 17.
Das ist der Deal. Und es funktioniert. Mit Liebe und Geduld.

Es war ein Weg mit viel Versuch und Irrtum. Ich meldete mich im ATDT Forum an und ärgerte mich noch am selben Tag, dass ich mich wegen der blöden Sprache nicht früher getraut habe. So viele nette Eltern aus aller Welt. Alle haben das gleiche erlebt. Endlich versteht einer, was hier los ist. Und ein sinnvoller, konkreter Tipp folgt dem anderen. Habt ihr die Schlüssel alle abgezogen? Kontrolliert ihr, dass sie nicht erbricht oder heimlich Sport macht? Wie behandelt ihr „Fear-Food“? Ich lerne und lerne und lerne…
Das Geheimnis darin besteht, hochkalorisches Essenzu servieren
Nach 2 Wochen weiß ich, welches die Produkte mit den meisten Kalorien in unserem Supermarkt sind und dass das Geheimnis darin besteht, hochkalorisches Essen in kleinen Mengen zu servieren. Dass ich sie aus der Küche fernhalten und nicht zu Einkaufen mitnehmen sollte (zu viel Stress). Dass Ablenkung das A und O ist. Wir essen also vor dem Fernseher. Früher verboten, aber jetzt super. Regeln sind dazu da, verändert zu werden.
Ablenkung das A und O ist
Wir luden ihre Freunde ein, versuchten das „richtige Leben“ wieder zu entdecken. Nach einem Gespräch mit der Schulleitung kam sie mit reduziertem Stundensatz in ihre alte Klasse zurück. Die Lehrer haben sie wunderbar unterstützt und sie konnte das Schuljahr erfolgreich beenden und wurde problemlos versetzt.
Heute
Und heute? Nach 12 Monaten hält sie ihr Zielgewicht nach wie vor ohne Probleme. Wir passen auf, dass sie sich an die Regeln hält, aber bisher ist von Rückfall zum Glück nichts zu sehen.

Sie isst öfter mal außer Haus mit ihren Freunden, meist noch etwas weniger, als sie sollte, aber das gleicht sich dann zu Hause wieder aus. Sie isst weniger restriktiv, kann wieder fast alles Essen, was sie auch vorher gegessen hat. Am Rest arbeiten wir noch. Sie braucht immer noch eine hohe Kalorienzahl, um das Gewicht nur zu halten und muss immer noch alle 4-5 Stunden essen, um den Blutzuckerspiegel konstant zu halten. Das wird sich auch so schnell nicht ändern.
Sie braucht immer noch eine hohe Kalorienzahl, um das Gewicht nur zu halten und muss immer noch alle 4-5 Stunden essen
Aber sie ist wieder das fröhliche, intelligente und liebenswerte Mädchen, das wir vorher kannten. Die Traurigkeit und die Angst sind fast verschwunden. Sie fährt prima Auto 😉 Der Rest braucht Zeit. Man sagt, dass Gehirn braucht mindestens so lange, um zu heilen, wie es unterernährt war. Mit Stress kann sie noch nicht so gut umgehen. Mittlerweile ist aber die Einsicht da, dass sie krank ist und auf sich aufpassen muss. Wir haben wieder ein gutes Verhältnis miteinander. Sie weiß, dass wir sie nicht hängen lassen. Egal was kommt.
Sie weiß, dass wir sie nicht hängen lassen
Geben Sie bitte nicht auf
Also, wenn Ihr Kind Anorexie oder eine andere Essstörung hat, geben Sie bitte nicht auf. AN ist eine genetisch bedingte Stoffwechselerkrankung. Das weiß man seit über 10 Jahren, aber vielleicht hat Ihnen das auch noch niemand gesagt. Bitte lesen Sie Harriet Browns Buch und trauen Sie sich an Eva Musbys Buch heran. Es wird Ihr Leben verändern und vielleicht Ihr Kind retten. So wie unsere Tochter. Refeeding zu Hause ist möglich und nachgewiesenermaßen sehr erfolgreich.
my tips
- Wenn Sie auch nur ein kleines bisschen Schulenglisch parat haben, melden Sie sich bei Around-The-Dinner-Table forum (ATDT) an.
- Hinterfragen Sie die Behandlung hier. Lassen Sie sich nicht abwimmeln. Fragen Sie nach FBT.
- Lassen Sie sich nicht von Ihrem Kind distanzieren. Sie haben nichts falsch gemacht.
- Bestehen Sie darauf, dass Ihr Kind blind gewogen wird und Gewichtszahlen und Kalorienmengen nicht mit ihm diskutiert werden.
- Bestehen Sie darauf, dass Sie die Verantwortung für das Essen übernehmen.
- Holen Sie sich Hilfe bei Ihrem Kinderarzt oder Allgemeinmediziner. Die Gesundheit Ihres Kindes muss überwacht werden, insbesondere muss zu Beginn des Aufpäppelns das Blut auf das seltene, aber erst zu nehmende "Refeeding Syndrom" untersucht werden, da es eine schwerwiegende Nebenwirkung sein kann.
- Schaffen Sie ihr Kind aus der Küche und nehmen Sie es nicht mit zum Einkaufen.
- Kochen Sie vor und tischen Sie fertige Teller einfach auf. „Das ist Dein Essen.“ Diskussionen führen zu nichts.
- Versuchen Sie so viele Kalorien wie möglich in eine kleine Portion zu packen.
- 500 g – 1 kg Gewichtszunahme pro Woche sind das Ziel. Es dauert eine Weile, bis man raus hat, wie.
- Haben Sie Geduld. Liebe und Anteilnahme sind das Geheimnis. Kein Kampf am Tisch. Gut zureden, zureden, zureden. Nicht nachgeben. Essen ist nicht verhandelbar.
- Sie können sagen: „Komm, nimm die Gabel in die Hand“; „ Versuche mal diese Kartoffel zu essen“; „Du schaffst das“; „Jetzt ein Stück Karotte“; „Und noch eine Kartoffel“; „Ja, Du musst das essen“; „Vertrau mir“; „Wenn Du fertig bist, können wir in den Zoo gehen / den Film gucken / Computerspiele machen.“
Essen ist nicht verhandelbar
- Machen Sie es unmöglich, nicht zu essen. Egal wie lange es dauert. Egal was für ungewöhnliche Maßnahmen nötig sind. Füttern Sie wenn nötig mit dem Löffel. Essen Sie unter dem Tisch. Vor dem Fernseher. Im Auto. Setzen Sie einen lustigen Hut auf. Was auch immer nötig ist.
- Geben Sie nicht auf. Ihr Kind ist hinter der Krankheit verborgen. Sie bekommen es zurück.
Update Frühling 2019
Es sind nun 2 Jahre vergangen, seit wir unsere Tochter nach Hause geholt haben. Es war die beste Entscheidung unseres Lebens. Es geht ihr sehr gut. Sie hält jetzt seit 1,5 Jahre ohne Probleme ihr Gewicht, kann wieder alles Essen. Sie trifft gute und ausreichende Entscheidungen für Mahlzeiten und Snacks. Sie geht seit 6 Monaten an die Uni und kann dort ohne Probleme in der Mensa essen. Sie ist ausgeglichen und fröhlich, hat neue Freunde gefunden. Sie hält sich an alle Regeln und Abmachungen und so langsam haben wir das Gefühl, dass das Leben nach der AN begonnen hat. Es ist alles noch neu und wir halten weiterhin die Luft an aber wir sind zuversichtlich, dass es so weitergeht.
Eine Mutter aus Deutschland
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Hi, my daughter (16 years old) anorexia. We came from Belarus to Germany this summer and it is very difficult + language barrier.
Thank you all for these helpful words! I'm an austrian mum with an 12year old RAN daughter… and now I feel that I can help her out of her terrible fears and illness. I was told to let go… and to give her the control of eating… but if she has cobtrol.. she eats quite nithing. So:I put her of my kitchen… I'm cooking… and I hope sge gets well as soon as possible! We're just at the beginning of RAN… so she has no physical disorders… but its gard to see how she is loosing herself… thank you for your advices! LA loving mum
[email protected]
Dear Katharina, I hope you see your girl smile again very soon
Hallo,
Also erstmal herzlichen Glückwunsch das ihr als Familie es aus der Krankheit raus geschafft habt <3 das ist einfach mega gut und ich wünsche es mir auch so sehr.
Vllt ist es falsch hier zu schreiben, aber ich bin selber von anorexie betroffen.
Ich war ca. 7 Monate mit Zwangs Einweisung in der Klinik. Anfangs lag ich auf der Intensivstation, da die Gefahr zu groß war das ich jederzeit einfach umfalle und tut bin wegen viel zu niedrigem Gewicht und Herzprobleme… . Das war ne horror Zeit!!!
Meine Mutter durfte mich am Tag 10 Minuten besuchen, niemand anderer. Ich durfte nicht mal mit meinem Vater telefonieren. Ich hatte im Zimmer nix und lag den ganzen Tag nur rum. Ich hatte ganze 1 1/2 Monate kein einziges arzt Gespräch, nachdem die meinten ich bin mit 14 zu jung das man mit mir due Schritte bespricht. Auch eine Therapeutin hab ich leider nie bekommen obwohl ich oft danach gefragt hab.
Ich hab gefühlt die ganze Nacht geweint, war verzweifelt, wütend, wollte abhauen und auch meine suizid Gedanken haben sich verstärkt.
Dieses ständige Essen, jeden 2. Tag wiegen (anfangs jeden Tag), kein Besuch bzw. nicht mal die eigene Familie sehen zu dürfen war eifbach wirklich purer Horror.
Ich hab in den ganzen 2 Monaten im Krankenhaus nur in meinem Zimmer verbracht.
Mein Alltag bestand eigentlich nur aus
Frühstück -Langeweile-Zwischenmahlzeit-Langeweile-Mittagessen -Langeweile-Zwischenmahlzeit-Langeweile-Abendessen- „Besuchszeit“- Langeweile- Zwischenmahlzeit
Naja nach langen 2 Monaten wurde ich endlich auf eine Therapie Station verlegt. Endlich bekam ich eine Therapeutin und einen Arzt.
Ich könnte noch so viel erzählen von der Klinik aber keine Ahnung ob sich das hier überhaupt jemand durchliest.
Fazit von der Klinik: sie hat mich viel weiter in die Krankheit rein gebracht als ich davor war, jetzt versucht meine Mutter auch mit der FBT Therapie mir zu helfen, wir sind gerade auch schon fast bei Phase 2 und ich bin mega happy.
Mein Tipp als ex-Klinik Patientin, Klinik nur im NOTFALL!!! in der Klinik wird leider so viel schlimmer
Lg euch alles und viel Kraft 🙂 ihr seid echt tolle Eltern
Wenn Deine Mutter gerne Kontakt haben möchte, wir haben im Netzwerk Elterngruppen 😉
http://www.netzwerk-magersuchteltern.de
Mamajan
Vielen Dank für Ihren Beitrag,
meine Tochter hat auch seit einigen Monaten Anorexie bekommen. Ich fühl sehr allein gelassen und Ihr Beitrag macht mir Mut. Es ist sehr erleichternd zu wissen, dass es auch erfolgreiche Methoden gibt als nur die Klinik.
Vielen Dank!!!!!!!
Sending my love, Eva
Wenn Du Hilfe brauchst, wende Dich bitte an das Netzwerk Magersuchteltern, in dem ich auch aktiv bin.
https://netzwerk-magersuchteltern.de/
Dear Sunflower, I am so sad about how you and your daughter have been treated. I hope my book will help you, if you read English. Note also my helpsheets in German on this website. And finally also this website from a parent in Germany who is networking with others to change things: https://netzwerk-magersuchteltern.de/ If you use the contact form there I am sure you will find some friends.
Love from Eva
Danke. Endlich mal ein Artikel, der einem das Gefühl gibt, nicht alleine da zu stehen.
Meine Tochter ist 17 Jahre und ich habe vor einigen Wochen auch eine Veränderung in Ihrem Essverhalten bemerkt, nur dass sie schon immer leicht untergewichtig war.
Auch bei uns war es ein schleichender Prozess: Kein Süß, keine kalorienhaltigen Getränke, nur“Gesundes“, sehr reduziertes Essen und immer die Diskussionen. Inzwischen sind wir bei zwei „Mini- Mahlzeiten“ angekommen.
Ich habe lange mit mir gerungen, ob ich wirklich zum Arzt gehen soll, oder ob es nur eine Phase ist. Letztendlich habe ich mich dazu durchgerungen meinen Hausarzt aufzusuchen und mir bei ihm Rat zu holen. Dieser hat mir mitgeteilt, ohne das Kind gesehen oder untersucht zu haben, dass es sich hierbei um einen Abnabelungsprozess meiner Tochter handelt und ich „loslassen“ sollte. Stattdessen hat mein Arzt mir geraten, dass ich für mich mal einen Therapeuten suchen sollte.
Danach habe ich mir selber Vorwürfe gemacht, dass ich vielleicht doch übertreibe und noch mal eine Weile gewartet, mit dem Erfolg, dass sie noch weniger isst und wiegt.
Jetzt sind wir so weit, dass Ihre und meine Nerven völlig am Ende sind. Inzwischen habe ich eine Jugend Therapeutin angerufen und um einen Termin für meine Tochter gebeten, mit dem Erfolg, dass wir dort auf der Warteliste stehen. In eine Klinik will sie auf keinen Fall, zum einen, weil sie ja kein Problem hat (laut ihrer Aussage isst sie ja), zum anderen möchte sie auch nicht die Schule unterbrechen. Freiwillig würde sie in keine Klinik gehen und zwangseinweisen lassen will ich Sie (noch) nicht.
Ich werde mir jetzt mal das Buch bestellen und hoffen, dass auch wir es ohne Klinik schaffen….
Vielen Dank für Deinen Bericht, der mir Mut zu Hoffen macht.
Hallo, im Rahmen der Recherche zu meiner Bachelorarbeit, bin ich auf diesen Erfahrungsbericht gestoßen. Es hat mich sehr berührt! Ich bin auch Mutter von 3 Kindern. Meine älteste Tochter ist jetzt 11 Jahre alt und kommt in die Pubertät. Ein sehr sensibles Alter und auch sie beschäftigt sich (so wie leider sehr viele Kinder in ihrem Alter) mit dem Thema "Gewicht". Als ich mich auf eine mögliche Fragestellung für meine Bachelorarbeit vorbereitet habe, bin ich auf das Thema Anorexie gestoßen. Ich bin extrem schockiert wie wenig mir über das Thema bekannt ist und das auch ich erste Anzeichen (aufgrund meiner Unwissenheit) übersehen würde. In meiner Arbeit soll es um präventive Maßnahmen zum Thema Anorexie im Jugendalter gehen. Dafür muss ich eine anonyme Befragung der Eltern durchführen. Nur so kann ich deutlich machen, wie wichtig es ist, dass für uns Eltern mehr zum Thema Prävention gemacht wird. Es wäre wirklich toll, wenn ich so viel Unterstützung wie möglich erhalte. Ich werde eine Onlinebefragung durchführen und würde euch dann einen Link per Mail zukommen lassen. Wenn ihr interessiert an der Auswertung seid, lasse ich euch gerne daran teilhaben und schicke euch nach Fertigstellung der Arbeit meine Ergebnisse zu. Vielleicht kennt ihr auch noch Foren die ich zusätzlich kontaktierten könnte. Ich wäre sehr dankbar über jede Rückmeldung/Unterstützung!
Liebe Grüße, Charlotte
Hello Charlotte, I will put some German speakers in touch with you.
Love, Eva
Hallo tolle Mama!!
Ich selber habe AN, seit ewigen Zeiten. Ich war in Kliniken. Immer fast in Therapie. Aber ich wußte bei mir ist irgendwas anderes damit verbunden. Ich bin jetzt alt, habe nicht locker gelassen und habe gesucht. Neue Diagnose ist ADHS.
Interessant ist, in keiner Klinik wurde je darauf eingegangen. Immer drüber weggehört. "Nein Sie sind eine Borderliner-Persönlichkeit und AN".
Dass ADHS beides, AN sowie Borderline bei nicht erkennen oder vielmehr ignorieren, begünstigt – nun das weiß ich jetzt erst seit kurzem.
Ich suche nun eine Klinik in der ich eingestellt werde. Muss meinen Hund mitnehmen können – das wird hart und schwer zu kriegen sein.
DANKEEEEEEE so sehr für diesen Beitrag, denn es zeigt sehr deutlich, dass das System gerne andere Ansätze ablehnt und ignoriert. Fatal für die Patienten!!! Es kostet einige sogar ihr Leben!
Toll und MEGA geil dass du so eine coole Mama bist!!!!
Dear Lea, thank you for your comment, which I passed on to the mum who wrote that blog. I hope that by now you have found a good team to support you.
Love
Eva
Vielen Dank für Deinen Kommentar! Es hat mich berührt und traurig gemacht, dass Du das alles alleine durchstehen musstest. Du kannst unendlich stolz auf Dich sein, dass Du das geschafft hast. Ich kämpfe jetzt seit 1,5 Jahren darum, dass sich in Deutschland etwas ändert und so langsam tut sich was!
Wenn Du mich kontaktieren magst, schreib eine Mail an Eva und ich bin sicher, sie bringt uns zusammen. Es würde mich freuen!
Hey you beloving people.
I once was a victim of anorexia. Reading your story, I almost cried. My mom has not done anything to help me. She called me "devil" becouse I looked that skinny and weak. She told me, that everything bad that happend since that day I started to starve, was my fault and the consequences from being egoistic and selfish. I will never forget her looking at me that way she did because my hair fell out and my body was just a skelleton with leder-like skin between one bone and an other. I have found my way out of the depts of Ana all on my own. I have diecided to live. And still nobody knows how it felt like. I only can imagie, how hard this time was for your daughter and the familiy as one. You can be so incredible proud of yourself. You did great work and restore my faith in humanity, helping so many families still suffering to find the light.
Hearinng that there are parents out there, as brave and full of love and hope you are, I hope that your daughter will appreciate that. You are a great family and blessed by the Lord.
Greetings from Germay. God bless y`all.
Thank you so much for this wonderful letter. You gave me so much hope! My ten year old daughter has anorexie. The doctor wanted to send her to a clinic for at least 3 months. But we refuse and they said that there is no hope for healing. We now have hope that we can do it with the family.
Hurray! I'll make sure the mother who wrote this page sees your comment.
Eva